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Fragenübersicht Urteil gegen Oskar Gröning: Gerechtigkeit macht nicht vor dem Alter halt! Findest Du das Urteil gerecht?
1 - 19 / 19 Meinungen
15.07.2015 23:20 Uhr
Nein.
Zunächst ist das Urteil nur möglich, weil nachträglich (erst in den 1960er Jahren) Verjährungsfristen für solche Fälle aufgehoben wurden, was elementar gegen mein Rechtsverständnis verstößt.
Darüber hinaus haben derartige Verfahren inkl. Urteilen in den letzten Jahren sehr deutlich eine politische Note. Von Siegerjustiz zu sprechen, ist angesichts der Beteiligten kaum möglich, moralisch geht es aber in die gleiche Richtung: Solche Urteile fallen nicht, weil es objektiv so sein müsste, sondern weil in den letzten Jahren ein paar Juristen für sich festgelegt haben, dass sie nun ideologisch motivierte Justiz machen müssen und potenzielle Straftaten aufgrund einer erst lange nach Kriegsende veränderten Sicht auf die Geschichte anders zu bewerten haben. Wenn sowas in Kambodscha, dem Iran oder Russland passiert, nennt man das passenderweise Willkür. Bei uns nennt es sich rechtsstaatlich.
16.07.2015 04:23 Uhr
Absolut.

Eine Verjährungsfrist für Mord gibt es nicht. Dementsprechend ist es nur konsequent, bei Beihilfe zu solchem ebenfalls keine Verjährungsfrist zu bieten.

Und das sollten wir auch keinesfalls zulassen.

Gleichfalls kann ich nur vor Sätzen wie "es blieb ihm damals ja gar nichts anderes übrig (Befehlsnotstand)" warnen. Auch das Argument, er sei ja gar nicht direkt mit Tötungen betraut gewesen, zählt nicht, da Beihilfe.

Jeder, der in einem Vernichtungslager eingesetzt war, wußte um die Vorgänge mehr als nur genau. Hätte man damit Gewissensprobleme gehabt hätte man, ohne Gefahr für das eigene Leben fürchten zu müssen, um Versetzung bitten können. Dies tat er jedoch nicht.

Und: Er kannte seine Schuld, daher entschuldigte er sich dafür ja auch. Immerhin, der Einzige bislang. Was ihm, betrachtet man das Strafmaß, auch angerechnet wurde: Mit den vier Jahren befindet er sich im Grund am unteren Rand des möglichen Strafmaßes, ist also quasi "milde" weggekommen.

Das hohe Alter als Ausschlußkriterium anzuführen oder die Tatsache, daß die Greueltaten schon so lange zurücklägen - oha, ich möchte den Shitstorm nicht sehen, der über mich hineinbräche, äußerte ich mich über Mißhandlung von Frauen durch Männer solchen Alters ähnlich.

Nein, das Urteil geht für mich so völlig in Ordnung.
16.07.2015 05:18 Uhr
Adolf hätte eben wie die USA, seine Mörder und Folterer außerhalb der Gesetze der Staatengemeinschaft stellen sollen.


Späte Rache, um von danach folgenden Verbrechen der Siegermächte abzulenken
16.07.2015 06:36 Uhr
Zitat:
Adolf hätte eben wie die USA, seine Mörder und Folterer au�erhalb der Gesetze der Staatengemeinschaft stellen sollen.


Is klar, weil er sich ja auch strikt an internationale Standards gehalten hat.
16.07.2015 06:59 Uhr
Das wird hoffentlich jedem eine Lehre sein, der mit dem Gedanken liebäugelt, Schreibkrams für Massenmörder zu machen.
16.07.2015 08:26 Uhr
Zitat:
Gleichfalls kann ich nur vor Sätzen wie "es blieb ihm damals ja gar nichts anderes übrig (Befehlsnotstand)" warnen. Auch das Argument, er sei ja gar nicht direkt mit Tötungen betraut gewesen, zählt nicht, da Beihilfe.


Ich hoffe mal, Du kommst nie selbst in eine adäquate Lage.

Diese moralisierende Ãœberheblichkeit der Nachgeborenen kotzt mich einfach nur an!
16.07.2015 08:29 Uhr
Die Haftzeit sitzt er jetzt sicher leichter ab als in seinen besten Jahren.
16.07.2015 08:37 Uhr
@Bertelchen

Deine "späte Rache der Siegermächte"- Meinung bringt so richtig deine ganz besondere geistige Delikatesse zum Ausdruck.

16.07.2015 08:41 Uhr
Gröning wird einen recht komfortablen Knast bekommen. Er ist ein alter Opa und wie es scheint, wird er nicht schlechter einsitzen als Uli Hoeneß.
16.07.2015 10:30 Uhr
Zitat:
Ich hoffe mal, Du kommst nie selbst in eine adäquate Lage.

Diese moralisierende Ãœberheblichkeit der Nachgeborenen kotzt mich einfach nur an!


Ich bin bereits in eine solche Lage gekommen daß ich einen Befehl nicht ausführte, hinter dem ich einen Verstoß gegen geltendes Recht sah. Erzähle mir also bitte nichts von moralisierender Überheblichkeit sondern ziehe Dir meine Schuhe an und versuch, auch nur ein halbes Jahr darin zu gehen.

Allerdings frage ich mich Anbetracht des zweiten zitierten Satzes: Warst Du zu der Zeit schon geboren? Hast Du auch den Arm gehoben obwohl Du es gar nicht wolltest? Aber es ja gar nicht anders ging weil alle es machten? Und man sonst persönliche Nachteile erlitten hätte? Du aber der Einzige warst der nicht "Heil!" brüllte sondern "Mooomentmal!"?

Wer also ist hier überheblich?
16.07.2015 13:29 Uhr
Zitat:
Warst Du zu der Zeit schon geboren? Hast Du auch den Arm gehoben obwohl Du es gar nicht wolltest? Aber es ja gar nicht anders ging weil alle es machten? Und man sonst persönliche Nachteile erlitten hätte?


In dieser Zeit nicht, wohl habe ich aber lange genug in der DDR gelebt. Da bestand zwar i.d.R. nicht die Gefahr für das eigene Leben, wohl aber für die Freiheit, mindestens aber standen erhebliche etwa berufliche Nachteile immer als Schatten im Raum.

Weiterhin habe ich an der Grenze gedient, und bin einfach heilfroh, nie in die Gelegenheit gekommen zu sein, entscheiden zu müssen, ob ich schieße oder nicht. Und ich bin auch heute nicht so vermessen, zu sagen "Ich hätte niemals geschossen" - ich weiß es einfach nicht, es wäre auf die konkrete Situation angekommen. Deshalb sind mir - und ich bleibe bei der Formulierung - moralisierende Aussagen wie "ich hätte niemals" oder "der hätte doch wissen müssen, daß..." zutiefst suspekt.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 16.07.2015 15:40 Uhr. Frühere Versionen ansehen
16.07.2015 15:28 Uhr
Nein, finde ich nicht.

Von grundsätzlichen Fragen nach der Legitimität einer nachträglichen Aufhebung der Verjährungsfrist (selbst Mord verjährte früher nach 30 Jahren) einmal abgesehen, halte ich es für sehr problematisch, dass man jetzt vom früher notwendigen Nachweis einer individuellen Schuld abgekommen ist.

Wo soll denn so etwas aufhören? Hätte die SS z. B. das Putzen der Fenster an einen Gebäudereiniger outgesorcet, hätten sich dann auch die Fensterputzer strafbar gemacht? Ich nehme einmal an, das auch die SS-Leute letztlich aus dem Staatshaushalt bezahlt wurden. Hätte sich dann jeder damalige Steuerzahler allein durch das Bezahlen seiner Steuern schon strafbar gemacht?

Im Kongo und in Zentralafrika haben sich einige UN-Soldaten an Minderjährigen vergangen. Es waren wohl (hoffe ich jedenfalls) keine BRD-Soldaten daran beteiligt, wohl aber hat natürlich auch die BRD über ihre Zahlungen an die Vereinten Nationen die Sache mit finanziert. Bin ich als Steuerzahler dafür dann mitverantwortlich?

Moralisch bin ich das vielleicht sogar irgendwie, aber strafrechtlich sollte das eigentlich keine Rolle spielen.
16.07.2015 17:29 Uhr
Zitat:
In dieser Zeit nicht, wohl habe ich aber lange genug in der DDR gelebt. Da bestand zwar i.d.R. nicht die Gefahr für das eigene Leben, wohl aber für die Freiheit, mindestens aber standen erhebliche etwa berufliche Nachteile immer als Schatten im Raum.


Genau das meine ich. "Oh, da kommen dann Unannehmlichkeiten auf mich zu, nee, da mach ich lieber, was mir gesagt wird." Du zum Beispiel hättest, wäre es Dir mit der Verurteilung des Schießbefehles ernst gewesen und wärest Du auch konsequent, Dienst in anderen Einheiten der Ex-NVA leisten können. Und zur höchsten Not, gleichzeitig aber auch versehen mit höchstem Respekt meinerseits, bei den sog. Bausoldaten. Wobei ich aber meine, dorthin wurde man strafversetzt, gell? Egal, es hätte Alternativen gegeben für den, dem der Schutz von Leben vor der eigenen Bequemlichkeit gegangen wäre.

Das hat nichts mit Vorverurteilung zu tun, auch nichts mit Ãœberheblichkeit sondern schlicht mit einfacher Feststellung.

16.07.2015 22:00 Uhr
Zitat:
Du zum Beispiel hättest, wäre es Dir mit der Verurteilung des Schießbefehles ernst gewesen


1. Es gab keinen "Schießbefehl" - jedenfalls nicht zu meiner Dienstzeit, und es wurde auch nichts adäquates bei den Befehlsausgaben vermittelt. Es gab das Grenzgesetz, welches unter bestimmten Bedingungen die "Anwendung der Schußwaffe" zuließ. Im Gegenteil - im Jahre 1987 war diese Anwendung der Schußwaffe an der Berliner Grenze sogar quasi verboten - Ausnahmen waren etwa "bewaffneter Angriff, Angriff mit schwerer Technik". Hintergrund war die 750-Jahr-Feier Berlins, welche die politische Führung nicht durch Grenzzwischenfälle gestört sehen wollte. Konsequenz war der Übergang zum "Drittel-Dienst", was solche Dinge wie Frühsport, Ausbildung etc. (jedenfalls bei uns) weitestgehend zum Erliegen brachte.

2. Ich habe den (so nicht existenten) "Schießbefehl" nicht in Frage gestellt - ich persönlich habe damals diesen ganzen Problemkreis für mich persönlich ausgeblendet und bin (siehe Post zuvor) heute einfach heilfroh und dankbar, nicht in eine entsprechende Entscheidungssituation gekommen zu sein.

Zitat:
.. hättest ... Dienst in anderen Einheiten der Ex-NVA leisten können.

Kleine Klugscheißerei am Rande : auch wenn sie quasi fast genau so aussahen - die Grenztruppen der DDR galten als eigene Waffengattung, einen Wechsel zur "regulären" NVA gab es meines Wissens nur in seltenen Ausnahmefällen.

Zitat:
...bei den sog. Bausoldaten. Wobei ich aber meine, dorthin wurde man strafversetzt, gell?...

Nein. Bausoldat wurde man "von Anfang an", wenn man als politisch sehr unzuverlässig galt oder den Waffendienst ablehnte, also häufig aktiv kirchlich gebundene Leute. Strafversetzt wurde man im schlimmsten Falle nach "Teekessel" - das war der Tarnname für den Militärknast in Schwedt.

Zitat:
...dem der Schutz von Leben vor der eigenen Bequemlichkeit gegangen wäre.

Mit "Bequemlichkeit" hat das nun weiß Gott nichts zu tun.
17.07.2015 06:57 Uhr
Zitat:
Es gab keinen "Schießbefehl"


Gerne helfe ich Dir ein klein wenig aus in der Geschichte:

Zitat:
enthielt eine Dienstanweisung der Einsatzkompanie des Ministeriums für Staatssicherheit vom 1. Oktober 1973 die Aufforderung, Flüchtlinge zu „stellen bzw. liquidieren“. Weiter heißt es: „Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen.“


Sicher. Einem albernen ZeitZeichen muß man da nicht glauben. Verlange ich auch nicht. Aber bitte, gerne kannst das googlen oder direkt zum Beipsiel hier mal nachschauen: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/eine-lizenz-zum-toeten-schiessbefehl-dokument-loest-ddr-debatte-aus/2847298.html

Gefunden wurde das Dokument wohl in Stasi-Unterlagen in Magdeburg und wohl auch schon 1997 das erste Mal veröffentlich.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 17.07.2015 09:01 Uhr. Frühere Versionen ansehen
17.07.2015 08:24 Uhr
Zitat:
...enthielt eine Dienstanweisung der Einsatzkompanie des Ministeriums für Staatssicherheit vom 1. Oktober 1973...


Bitte beachten:

1. waren die Grenztruppen nicht die Stasi

2. 1973 - ich schrieb deshalb ausdrücklich "jedenfalls nicht zu meiner Dienstzeit", und die war 1986 bis 1989.

Es gab ein Grenzgesetz, auf welches auch bei jeder Vergatterung eingegangen wurde, und welches den Einsatz der Schußwaffe als ausdrücklich letztmögliches Mittel zur "Verhinderung von Grenzdurchbrüchen" gestattete. Das war die Gesetzeslage! Du kannst mir gern vorwerfen, ich/wir haben dieses Gesetz nicht in Frage gestellt - womit wir wieder beim moralisieren wären.

In der Praxis zu meiner Zeit (ab Frühjahr 1987) war per Durchführungsbestimmung das Gesetz so weit eingeschränkt (zumindest für die Berliner Grenze), daß der Schußwaffengebrauch nahezu verboten (!) war, außer im Falle bewaffneten "Angriffs" (wie der Versuch eines Grenzdurchbruchs im Dienst-Jargon bezeichnet wurde), im Falle eines "Angriffs" von mehreren Personen sowie im Falle eines "Angriffs" mit "schwerer Technik" (etwa LKW oder ähnlich).

Die Argumentation nach der Wende, wonach der kleine Grenzer doch die Verträge von Helsinki hätte kennen müssen und damit den Waffeneinsatz verweigern müssen u.ä. halte ich für ziemlich problematisch. Etwas anderes ist die höhere Kommando-Ebene bzw. der Gesetzgeber der DDR, denn von dort kamen ja die rechtlichen und befehlsmäßigen Grundlagen.
17.07.2015 08:50 Uhr
Zitat:
1. waren die Grenztruppen nicht die Stasi


Nunja, man kann sich Geschichte auch charmant zurechtbiegen. Ja, die Grenztruppen waren, zum überwiegenden Teil, in der Tat nicht Teil der Stasi.

Doch denke ich, Dir als ehem. Angehörigen sagen die Begriffe "HA I" oder "Büro 2000" schon etwas? Dann muß ich auch nicht noch groß auf die Tatsache hinweisen, daß die Grenztruppen der DDR die am heftigsten mit IM durchsetzte Truppe war die es in der NVA überhaupt gab. (Man schätzt ein Verhältnis von 1 : 5, also 1 IM auf 5 Soldaten)

Und so bekommt der Befehl dann doch wieder eine interessante Wendung. Zumal die gesamte Organisation von 1971 bis Anfang 1989 nicht geändert wurde.
17.07.2015 09:05 Uhr
Das hast Du aber schön recherchiert

Ja, die "Verwaltung 2000" sagt mir sehr wohl etwas, ich hatte meinen eigenen Clinch mit denen.

Daß die IM-Dichte vergleichsweise hoch war, ist bekannt, und war uns auch schon damals intuitiv bewußt. Schließlich mußte - aus der inneren Logik des Systems heraus nachvollziehbar - hier besonders überwacht werden, denn theoretisch hatte jeder Grenzer nur einen kurzen Sprung Richtung Westen vor sich.

Die Befehlsausgabe kam aber nicht von der Stasi, sondern von den Offizieren der GT. Ich habe nie einen Befehl von der Stasi bekommen. Und ich habe nie einen Befehl zum Schießen bekommen, sondern wurde (wie alle, und ich wiederhole mich) bei jeder Vergatterung darauf hingewiesen, daß meine Aufgabe die Verhinderung von Grenzdurchbrüchen sei, und es mir per Gesetz gestattet ist, als allerletztes Mittel dazu auch die Waffe einzusetzen.

Die "Normalität" und das "Funktionieren" - damit wir mal wieder zum Thema der Umfrage zurückkehren - in einem restriktiven System wird von allen Moralaposteln gern unterschätzt, die heute vom hohen Roß herunter erklären, was "die damals" hätten machen müssen.
17.07.2015 11:28 Uhr
Zitat:
Das hast Du aber schön recherchiert


Nix recherchiert, das war Grundlagenwissen meiner Erstverwendung beim Bund ;-)
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   PsA
  LPP   Volk, Sonstige
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