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Fragenübersicht Zeigt das System Putin eindrucksvoll wie schlimm der Autoritarismus ist und das Demokratie und Freiheit nicht notwendigerweise das Ende der Geschichte sind, sondern stets auf neue erkämpft werden müssen?
1 - 12 / 12 Meinungen
09.04.2022 09:47 Uhr
Unbedingt. Insbesondere Meinungsfreiheit und Minderheitenschutz sehe ich besonders in Gefahr. Mit Minderheitenschutz meine ich vor allem, die im demokratischen Prozess überstimmten - aber für Minderheiten im sonstigen Sinne gilt das natürlich auch.
09.04.2022 10:22 Uhr
Mich würde zuerst die vom Umfragesteller genutzte Definition der Autoritarismustheorie interessieren. Ich halte diese Theorie auf heute nicht mehr anwendbar.
09.04.2022 10:53 Uhr
Russland unter Putin ist ueber das "autoritären System" doch laengst hinaus. Es ist ein totalitäres Regime.
09.04.2022 15:40 Uhr
Zitat:
Russland unter Putin ist ueber das "autoritären System" doch laengst hinaus. Es ist ein totalitäres Regime.


Ich würde sagen, es ist ein hybrides Regime. Im Inneren ist Russland im Bereich der autoritären Staaten bei totalitärer Tendenz. Andersdenkende werden dort massiv drangsaliert aber noch nicht mit systematischem Terror eingeschüchtert. Auch ist der Rückzug ins Unpolitische im heutigen Russland noch gestattet, wenn man keine große Staatskarriere plant. Insofern sehe ich Russland im Inneren (noch) als autoritären, nicht totalitären Staat an, was für die Teilrepublik Tschetschenien allerdings nicht gilt. Die ist tatsächlich auch im Inneren islamistisch-totalitär.

Außerhalb seiner international anerkannten Grenzen agiert Russland allerdings durchaus mit totalitären Instrumenten, wie der Verbreitung des blanken Terrors, wie wir es in der Ukraine sehen. In den russischen Marionetten-Regimen wie dem russisch kontrollierten Donbass wurde ebenfalls die Grenze zum totalitären Regime klar überschritten.

Für die Krim, die Russland ja unter völliger Vergewaltigung der Geschichte für sich beansprucht, würde ich für ab 2014 totalitäre Züge geltend machen, die zunehmend einem autoritären Regime gewichen sind. Dieses Gebiet wird aber als erstes innerhalb des von Russland beanspruchten Staatsgebiets die Überschreitung der Schwelle zum Totalitarismus voraussagen.
Die Krim wurde mit dem Anspruch, 98% der Bevölkerung seien für den Anschluss an Russland angegliedert. Realistischer ist es, für die 2014 auf der Krim ansässige Bevölkerung 30 % klar anti-russische (also pro-ukrainische Strömungen inklusive turk-nationalen Strömungen, die die Ukraine als sehr viel kleineres Übel wahrnehmen), 10% dezidiert pro-russisch und 60% Unentschlossene als grobe politische Aufteilung anzunehmen.

Das Problem an der Krim aus russischer Sicht ist, dass bei der Trugabstimmung 2014 eine Mondzahl von 98% pro-russisch hingetrickst wurde, weswegen Putin sein Gesicht verliert, wenn es dort zu offenem Protest kommt. Wenn es große Proteste in Moskau gäbe, kann sich Putin noch rausreden, das seien eben die von der Mehrheit entfernten Oppositionellen, die auch in den Wahlergebnissen ausgewiesen werden. Auf der Krim kann sich Putin keinen sichtbaren Widerstand gegen sein Regime leisten, weswegen dort die Repression besonders groß war. Und durch die eher passiv-opportunistische Haltung der dortigen slawischen Bevölkerung ist die Krim eines der ersten Gebiete, in dem beachtliche Teile der Bevölkerung bei einem wirtschaftlichen Absturz Russlands auf die Seite der Sieger wechseln dürften. Spätestens nach der Befreiung Chersons durch die Ukraine wird sich recht sicher die Repression auf der Krim stark erhöhen, weil dann auch die Unterstützung einer pro-ukrainischen Partisanenaktivität in eine aus ukrainischer Sicht militärisch sinnvolle Reichweite käme.

Deswegen nehme ich an, dass die Krim das erste von Russland als Staatsgebiet beanspruchte Territorium außerhalb Tschetscheniens ist, das die Schwelle zum offenen Totalitarismus überschreiten wird.

Russland an sich wird diese Schwelle zum totalitären Staat bei Fortschreibung der Tendenzen insgesamt auch überschreiten, da es die Ukraine militärisch nicht besiegen kann und dort eine bereits vorprogrammierte Niederlage erleiden wird. Falls sich das zu Lebzeiten Putins abspielt, ist die Verbreitung von blankem Terror gegen Oppositionelle nach stalinistischer Manier zu vermuten. Sollte Putin vorher abtreten (etwa wegen einer Erkrankung, egal ob natürlich erworben oder nachgeholfen) wird das herrschende Regime den gesichtswahrenden Rückzug aus der Ukraine verkünden und sämtliche Fehler dem dann verstorbenen Putin anlasten. Ob das post-putinsche Eliten-System dann noch die innere Kohäsion zur Schaffung eines totalitären Staates hat, sehe ich als unklar.

Ein im Inneren totalitäres Russland ist also durchaus möglich. Die Überschreitung dieser Schwelle im Hier und Jetzt sehe ich aber noch nicht gegeben, noch ist das Land klar autoritär.

09.04.2022 15:44 Uhr
P.S. Dass ein Imperium im Inneren liberaler (im Falle Russlands "liberaler" in Anführungszeichen) ist, als in Gebieten, die nicht zweifelsfrei zum Staatsgebiet gehören oder gar unumstritten Ausland sind, ist dabei keine russische Spezialität, sondern die Norm.
Wobei der Griff zum Terror, den Russland gerade in der Ukraine entfacht, für europäische Verhältnisse ein Rückfall in die Kolonialkriege der Nachkriegszeit ist. Über dieses dunkle Kapitel pan-europäischer Geschichte ist auch zu wenig im Bewusstsein und hier hatten sich sogar Staaten, die im Inneren klar demokratisch waren (z.B. Frankreich oder die Niederlande) nach 1945 eines durchaus ähnlichen Instrumentariums bedient, um ihre Kolonialreiche aufrecht zu erhalten.

Allerdings sollte man deswegen nicht in einen Whataboutismus einstimmen, denn Europa hat diese Phase hinter sich gelassen. Russland macht sie gerade durch und es gibt keinen Grund, dies zu dulden.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 09.04.2022 15:45 Uhr. Frühere Versionen ansehen
09.04.2022 15:51 Uhr
Nee, letzteres sieht man insbesondere in der Bundesrepublik. Russland war wohl noch nie eine Demokratie.
09.04.2022 16:15 Uhr
"...aber noch nicht mit systematischem Terror eingeschüchtert."

also wenn du dich auf die strasse stellst mit einem leeren blatt papier oder mit einem strauss weiser blumen, und deswegen verhaftest wirst, oder wenn dich die polizei jederzeit anhalten und dein handy kontrollieren kann auf "verbotene inhalte" (wie zb aufrufe zu einer demo") dann wuerde ich das doch als "systematischen terror" bezeichen.
oder juengstes beispiel: es wurde jemand verhaftet weil er ein anti-kriegs-zitat (aus der vorjaehrigen 9-mai-rede) putins hergezeigt hat auf der strasse.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 09.04.2022 16:26 Uhr. Frühere Versionen ansehen
09.04.2022 17:11 Uhr
Zitat:

also wenn du dich auf die strasse stellst mit einem leeren blatt papier oder mit einem strauss weiser blumen, und deswegen verhaftest wirst, oder wenn dich die polizei jederzeit anhalten und dein handy kontrollieren kann auf "verbotene inhalte" (wie zb aufrufe zu einer demo) dann wuerde ich das doch als "systematischen terror"; bezeichen.
oder juengstes beispiel: es wurde jemand verhaftet weil er ein anti-kriegs-zitat (aus der vorjaehrigen 9-mai-rede) putins hergezeigt hat auf der strasse.


Da stimme ich Dir ja zu, die Redefreiheit in Russland kannst Du den Hasen geben.
Das bewegt sich m.E. aber noch im Rahmen autoritärer Staaten.

Systematischer Terror wäre es, wenn die Leute umgebracht oder einfache Demonstranten langjährig im Gefängnis verschwinden würden. Oder extreme Repressalien gegen Familienangehörige von Gegnern verhängt werden.

Die Einschränkung der Redefreiheit ist hingegen auch bei autoritären Staaten recht häufig. Sie ist natürlich nicht in Ordnung. Aber totalitär würde ich dann doch eine Stufe härter ansiedeln.
09.04.2022 18:25 Uhr
"Systematischer Terror wäre es, wenn die Leute umgebracht oder einfache Demonstranten langjährig im Gefängnis verschwinden würden."

das russische "Justiz"system ist da recht flexibel (und praktisch jedes "gesetz" auslegungssache). fuer ein und das selbs "vergehen kann es strafen geben von 30.000rubel bis mehrjaehrige haftstrafen. generell ist es ja so das alles was unter "verunglimpfung der russischen armee" faellt (und dazu zaehlt schon ein leeres schild) mit bis zu 15 jahren haft bestraft werden kann. je nach "wichtigkeit" des demonstranten variieren daher auch die strafen. es gibt keine unabhaengige justiz, eigentlich gibt es gar kein justizsystem. die toetung (oder zumindest versuche) von dissidenten wird durch die geheimpolizei durchgefuehrt (zb Juri Schtschekotschichin, Anna Politkowskaja, Alexander Litwinenko, Sergej Skripal , Nemzov, Navalny). also ich sehe hier chon etwas mehr als nur totalitaere ansaetze,,,
09.04.2022 18:32 Uhr
„…das Demokratie und Freiheit stets auf neue erkämpft werden müssen“

Demokratie, Freiheit, Menschenrechte sind keine "SElbstlaeufer". Sie muessen immer gegen autoritaere/totalitaere Bestrebungen verteidigt werden.
sei es nun gegen antiliberalismus, nazismus oder stalinismus. oder wie momentan in der ukraine, gegen den рашиZм Putins.
09.04.2022 18:51 Uhr
Autoritarismus ist ja nicht unbedingt schlimm.
09.04.2022 19:31 Uhr
Gut das ich die Umfrage abgelehnt hatte. Schließlich scheint Autoritarismus hier kein Thema zu sein.
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